Das durchscheinende, pastellblaue Wasser des Flusses Ova da Roseg sprudelt über die Felsen, die von den unberührten Schweizer Berninagletschern oberhalb von Pontresina herabstürzen. Meine Jogginghose ist bis zu den Knien hochgekrempelt und ich bin barfuß. Es ist 9 Uhr morgens und es hat etwa 1 Grad.

Unsere Yogalehrerin ist bereits in den eisigen, leicht reißenden Wildbach gewatet. Sie macht "Kneipping" - eine traditionelle ganzheitliche Therapie, bei der man im eiskalten Wasser paddelt. Die therapeutische Praxis ist nach Sebastian Kneipp benannt - einem katholischen Priester, der Pionier der Hydrotherapie war. Wir wurden gewarnt, dass um diese Tageszeit niemand Kneippen geht, weil es zu kalt ist - selbst für die Schweizer.

Knöcheltief im Wasser stehend, frage ich mich zehn Sekunden lang, was es mit der ganzen Aufregung auf sich hat. Und dann beginnt der brennende Schock. Das ist ein eiskalter Bach.

Ich atme tief ein und springe heraus. Schnell schnappe ich mir ein Handtuch und soll mit den Füßen stampfen, damit der Kreislauf wieder in Schwung kommt. Das Gefühl kehrt allmählich zurück.

Und dann begreife ich, worum es geht. In meinen Zehen kribbelt es und die Wärme strahlt schnell durch den ganzen Körper. Es ist wie eine Adrenalinspritze - und gibt mir den ganzen Tag über Schwung.

Gestärkt klettere ich das glitschige, frostige Ufer hinauf in die wohlige Wärme des Grand Hotel Kronenhof.

Oberengadiner Tal

Seit 176 Jahren ist das Haus ein fester Bestandteil des märchenhaften Oberengadins und hat sich von einem bescheidenen Gasthof zu einem luxuriösen Fünf-Sterne-Hotel mit 112 Zimmern und einem himmlischen Spa entwickelt.

Im Gegensatz zu den meisten Luxushotels, auch im nahe gelegenen St. Moritz, bleibt der Kronenhof den ganzen Herbst über geöffnet, damit die Besucher den unglaublichen Wechsel der Jahreszeiten erleben können - von leuchtend gelben Lärchen bis hin zu bezaubernden verschneiten Wäldern.

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Auch wenn die Region vor allem für ihre Wintersportmöglichkeiten und 300 Tage ununterbrochenen Sonnenscheins bekannt ist, sind die frische Luft und die nach Kiefern duftenden Wälder eine perfekte Erholung für Wellness-Fans. Es gibt zahlreiche Alternativen zum Skifahren, das hier schon Mitte November beginnt.

Erkundung der Region

Eine der besten Möglichkeiten, die nahe gelegenen Wälder zu erleben, ist die 1,5-stündige Wanderung von Pontresina nach St. Moritz. Sie können aber auch mit dem Fahrrad fahren; Fahrräder sind leicht zu mieten und mit Spikes ausgestattet, wenn der Boden verschneit ist. Die Wege sind gut ausgeschildert, mit geringen Steigungen und einem optischen Leckerbissen am wunderschönen, ruhigen Lej da Staz. Er wirkt wie ein riesiger, schimmernder Spiegel, in dem sich die Hänge und der Himmel spiegeln. Anfang November kann man hier noch baden, bevor er zufriert.

Die herrlichen Gletscher Pers und Morteratsch können Sie aus nächster Nähe betrachten, wenn Sie mit der Seilbahn auf den Gipfel der Diavolezza fahren. Hier oben können Sie auf der Sonnenterrasse des herrlichen Berghaus-Restaurants zu Mittag essen und dabei Hirschterrine und Tagliatelle mit Wildschweinragout genießen. Von Pontresina aus gibt es auch eine reizvolle eingleisige Bergbahn, die Wanderer zu verschiedenen Ausgangspunkten ihrer Wanderungen bringt.

Der perfekte Ausgangspunkt

Bei schlechtem Wetter kann man sich im Wellnessbereich und in den Restaurants des Kronenhofs erholen und die müden Seelen stärken.

Geführt wird das Hotel vom charismatischen General Manager Claudio Laager, der im nahe gelegenen Samedan aufgewachsen ist und als Tellerwäscher in einem St. Moritzer Hotel zu arbeiten begann. Er spricht fünf Sprachen, darunter Rätoromanisch (ein lokaler Dialekt).

Er ist ein leidenschaftlicher Naturliebhaber und nimmt die Gäste persönlich mit auf Hirschbeobachtungstouren, nächtliche Fackelwanderungen und Schneeschuhwanderungen. Er ist auch für die Rückkehr der Schneeschaufelrennen auf der hoteleigenen Eisbahn verantwortlich.

Die Atmosphäre ist sehr entspannt. Haustiere sind erlaubt - sogar Katzen. Hunde werden mit einem eigenen Zimmerservice, einer Auswahl an Hundebetten (je nach Größe) und einem vom Concierge angebotenen Hundetagespflegedienst verwöhnt. Abgesehen von zwei der Restaurants und dem Spa dürfen sie überall hin und zeigen sich tadellos erzogen. Während meines Aufenthalts gab es kein Bellen, Betteln, Zerren oder Kläffen. Die Wellness-Stimmung muss ansteckend sein.

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Das Wichtigste im Spa

Es gibt einen wunderschönen Infinity-Innenpool mit Blick auf die Berge, eingerahmt von einem riesigen, dreifach hohen, geschwungenen Fenster. Besonders schön ist es, sich dort am frühen Morgen treiben zu lassen, wenn die Sonne über die Berggipfel kriecht.

Wenn der Fluss draußen zufriert oder der Boden mit Schnee bedeckt ist, kann man auch drinnen knien. Das Spa verfügt über Pools mit unterschiedlichen Temperaturen, eine Salzwassergrotte, ein Steingrotten-Dampfbad, eine Aromatherapie-Sauna und ein Flotationsbecken. Die Spa-Behandlungen reichen von Gesichtsbehandlungen bis zu Massagen. Ich gönne mir eine Ganzkörpermassage mit den fünf Sinnen und lasse mich zum Abschluss im Whirlpool treiben, während ich dem Wind lausche, der durch die Baumkronen rauscht. Ein klarer Himmel und glitzernde Gletscherflüsse sind der einzige Winterblues, den man in diesem Teil der Welt erleben kann.